Die Herausforderung

Die Herausforderung

Impulsvortrag von Johann Kuttner

Die Generation meiner Eltern ist zweifellos verantwortungsvoller mit unseren natürlichen Lebensgrundlagen umgegangen wie wir in unserer heutigen Ex und Hopp Wegwerfgesellschaft. Armut und Mangel waren in den Nachkriegsjahren des 2.Weltkriegs weit verbreitet, heute haben wir uns an Überfluss gewöhnt. Wir befinden uns in einer paradoxen Situation. Die stetig wachsende Überversorgung mit materiellen Gütern durch unbegrenztes wirtschaftliches Wachstum zerstört unseren begrenzten Planeten. Wenn wir weiter so wirtschaften und leben wie in den letzten fünf Jahrzehnten, droht das Ökosystem Erde zu kollabieren.

Boden Wasser und Luft gehören zu den kostbarsten Güter unserer Erde, mit denen wir viel zu verschwenderisch umgehen. Durch den hohen Verbrauch von Bodenschätzen wie Erzen und Mineralien zur Produktion von Gütern, und durch den hohen Gebrauch der Energielieferanten Kohle, Öl und Erdgas heizen wir die Erdatmosphäre auf und hinterlassen einen zu großen ökologischen Fußabdruck.

Zudem belasten wir Böden, Wasser und Luft mit so vielen Schadstoffen, das diese von der Natur nicht mehr im notwendigen Umfang abgebaut werden können.

Wir Menschen sind vernunftbegabte Wesen: wie ist es also dazu gekommen, dass wir uns weltweit auf einem lebensbedrohlichen Kollisionskurs mit der Natur befinden? Die größte Gefahr geht von dem unerschütterlichen Glauben an die Notwendigkeit von Wirtschaftswachstum aus. In den Nachkriegsjahren des zweiten Weltkriegs ging es um die Sicherung der Versorgung mit Nahrung, Kleidung und einem sicheren Dach über dem Kopf. Das deutsche Wirtschaftswunder führte zu einem viel mehr an Konsum und Verbrauch der Güter der Natur als unser Planet erbringen und ertragen kann. Würden alle Menschen dieser Erde so leben wie wir in Deutschland, reichen die Ressourcen des Planeten nur für eine Bevölkerung von 3,5 Milliarden Menschen aus. Bei der heutigen Erdbevölkerung mit 7-8 Milliarden Menschen bedeutet das: Wir leben über unsere Verhältnisse nicht nur auf Kosten der Natur, sondern auch auf Kosten vieler wirklich armer und bedürftiger Bewohner vor allem in der 3.Welt.

In den industrialisierten Ländern haben wir in den letzten Jahrzehnten einen viel zu großen ökologischen Fußabdruck hinterlassen: Zu viele Bodenschätze verbraucht und unsere Meere überfischt. Böden, Wasser und Luft zu stark mit Schadstoffen belastet. Zu viele Böden versiegelt und überbaut und dadurch Lebensräume für uns Menschen, für Tiere und Pflanzen eingeengt und zerstört.

Das Ökosystem Erde droht zu kollabieren. Die Warnzeichen der Natur wie extreme Hitzeperioden, sinkende Grundwasserspiegel, Starkregen Überschwemmungen und Erdrutsche sind unübersehbar.

Und dennoch sind wir weiter auf Wachstumskurs: Wir wollen mehr Gewerbe und Industrie, wir wollen mehr Wohnraum, mehr Verkehrswege und brauchen dazu Flächen die bisher von der Land- und Forstwirtschaft in erster Linie für die Versorgung mit lebensnotwendigen Gütern wie Grundnahrungsmittel, als Rohstofflieferanten zur Produktion von Bekleidung und für den Bau von werden, bzw. genutzt wurden.

Klar ist, wenn wir überleben wollen, müssen wir weltweit gesehen unseren zu großen ökologischen Fußabdruck verkleinern. Insgesamt einen kleineren Wohlstandskuchen backen, wieder sorgsamer mit den Gütern der Natur umgehen sowie den kleineren Wohlstandkuchen sozial gerechter verteilen. Denn trotz des bedrohlichen und naturschädigenden materiellen Überflusses gibt es noch Hunger und Armut auf dieser Welt, und auch in unserem reichen Land.

Das wird in den industrialisierten Ländern für einen großen Teil der Bevölkerung und in den Schwellenländern und den Ländern der 3.Welt für die wohlhabenden Bevölkerungsschichten nicht ohne zum Teil drastischen Wohlstandsverzicht gehen, aber müssen es wirklich drei Familienautos + ein Motorrad + mehreren E-Bikes pro vierköpfiger Familie sein. Ein bis zwei Urlaubsreisen im Jahr möglichst kosten-günstig mit dem Flugzeug, und dem regelmäßigen Wochenendtrip in weiter entfernte Naherholungs-gebiete? Und für die Wohlhabenden: Muß es denn wirklich eine Motorjacht sein? Die beste ökologische Fortbewegung ist: Zu Fuß gehen oder sich in ein Ruderboot aus Holz zu setzen.

Verzicht auf Luxusgüter und Wegwerfartikel ist unsere Überlebenschance. Vorrangig gilt es, die Versorgung mit ausreichender und gesunder Nahrung; Bekleidung und einem Dach über dem Kopf

sicherzustellen. Um klimaneutral zu werden, müssen wir die Ressourcen der Natur in geringerem Umfang beanspruchen, weltweit gesehen weniger materielle Güter produzieren, aus der Agrarindustrie zugunsten regionaler Landwirtschaft, regionaler Verarbeitung und den Handel mit Lebensmitteln umsteigen, unser Ernährungs- und Mobilitätsverhalten ändern, weniger Energie verbrauchen, sparsamer mit den noch vorhanden Energiereserven umgehen, und auch aus dem Irrglauben aussteigen, Verzicht sei nicht notwendig, sondern mit neuen Technologien und durch den Ersatz fossiler Brennstoffe durch erneuerbare Energien zu bewältigen.

Um den Verzicht sozial gerecht zu gestalten sollte ein einfaches Prinzip gelten: Je größer der jeweilige Fußabdruck desto größer sollte der Wohlstandsverzicht ausfallen, und wenn der Fußandruck kleiner ist als der notwendige Bedarf an überlebensnotwendigen Gütern, sollten wir dafür sorgen, dass deren Fußabdruck größer wird.

Lassen wir uns nicht länger Einreden, stagnierende oder gar schrumpfende Produktion materieller Güter werde katastrophale Folgen nach sich ziehen, zu Hunger, Elend und sozialen Verwerfungen führen. Lassen wir uns nicht länger einreden, Wirtschaftswachstum sei daher überlebensnotwendig. Sind wir wirklich nicht in der Lage neue Wege zu gehen? Wenn wir nicht in der Lage sind, sparsamer und sorgfältiger mit den Ressourcen der Natur umzugehen, wenn wir nicht bereit sind auf Luxus und Überfluss zu verzichten, wird es uns nicht gelingen, unseren Planeten als und liebenswerten Lebensraum für zukünftige Generationen zu erhalten. Dies ist die reale Bedrohung und Gefahr.